Gezeichnetes Vierhaar mit vier Haarsträhnen hält eine gelbe Goldwaage in der linken Hand. Die Figur lächelt freundlich und steht auf einem grauen Schatten. Die Goldwaage ist leicht nach links geneigt.

Ich höre hin. Genau hin. Manchmal zu genau, zumindest für die, die sich lieber ungehört glauben oder gerne mal etwas wegnuscheln.

Ich höre nicht nur, was gesagt wird, sondern auch, wie. Ich registriere, wenn jemand abschweift, abwertet, relativiert oder weichspült, bemerke Pausen, Betonungen, rhetorische Schlenker. Ich nehme Stimmungen wahr, Untertöne, implizite Botschaften.

Ich lege die Worte anderer auf die Goldwaage. Und ja, ich bin damit angeeckt. Ich habe Menschen irritiert, brüskiert, verunsichert. Nicht, weil ich etwas gesagt habe, sondern weil ich nicht weggehört habe, sondern hingehört.

Und ich sage heute mit aller Klarheit:
Ich höre hin. Ich nehme Worte ernst. Ich lege sie auf die Goldwaage. Und das ist gut so.

Wie ich zur Goldwaage gekommen bin

Ich habe keine Berufung erfahren. Keine erleuchtende Szene, kein Aha-Moment.
Es war eher eine Feinjustierung über Jahre, Sprache, die verletzen kann und sich dann auf „War doch nicht so gemeint!“ rausredet.

Im Studium war es die Auseinandersetzung mit Diskursen. In der Coachingausbildung dann die Erfahrung, wie viel über Sprache verhandelt wird: Macht, Zugehörigkeit, Schuld, Nähe. In meiner Arbeit als Coachin wurde mir klar: Wer professionell zuhört, braucht eine feine Goldwaage. Keine Küchenwaage, sondern ein Instrument, das Nuancen sichtbar macht.

Ich habe gelernt, dass der Ton nicht nur die Musik macht, sondern das ganze Stück. Und dass zwischen „Das war nicht so gemeint“ und „Ich stehe zu meiner Aussage“ Welten liegen.

Diese Haltung kam nicht über Nacht. Aber sie ist geblieben.

Was ist das Problem mit der Goldwaage?

Menschen lieben es, „einfach mal zu sagen, was sie denken“. Was sie oftmals nicht mögen: Wenn jemand genau hinhört und nachfragt. Wenn jemand sagt: „Stopp. Das klang anders, als du es jetzt darstellst.“ Wenn jemand die Goldwaage rausholt, wo sie mit dem Holzhammer kommen.

Ich habe erlebt, wie ich zur „Erbsenzählerin“ erklärt wurde, zur „Sprachpolizei“, zur „überempfindlichen Wortklauberin“.
Ich wurde angefeindet, nicht direkt, sondern subtil: durch Ignoranz, durch ironische Kommentare, durch Ausschluss. Ich habe gelernt: Wer differenziert, ist unbequem. Wer auf Sprache achtet, stört das Spiel der Unverbindlichkeit.

Aber ich habe auch erlebt: Wer ernsthaft gesehen werden will, ist dankbar, wenn da jemand sitzt, der wirklich zuhört. Der sich nicht mit „Ich fühle mich halt so“ zufrieden gibt, sondern fragt: Was genau fühlst du? Und woran machst du es fest?

Warum ich heute selbstbewusst sage: Ich lege Worte auf die Goldwaage!

Weil ich nicht bereit bin, mich mit Floskeln abspeisen zu lassen.
Weil ich weiß, dass Veränderung oft damit beginnt, die eigenen Worte zu hinterfragen.
Weil ich die Erfahrung gemacht habe: Menschen wollen ehrlich sein, aber sie fürchten den Spiegel.

Ich halte ihn trotzdem hin. Nicht als Urteil, sondern als Angebot.

Die Goldwaage ist ein Werkzeug der Sorgfalt und was gibt es wertschätzenderes, als Worte in Gold aufzuwiegen?
Ich nutze meine Goldwaage, weil ich glaube, dass Entwicklung mit Sprachbewusstsein beginnt.
Und weil ich gelernt habe: Wer Worte auf die Goldwaage legt, hilft anderen, sich selbst besser zu hören.

Eine persönliche Szene

Einmal sagte eine Kollegin zu mir: „Du nimmst das ja immer alles so genau. Das ist  Coaching, kein Gerichtssaal.“
Ich habe damals geschwiegen. Heute würde ich antworten: Gerade weil es Coaching ist, muss ich genau sein.
Denn wenn hier nicht differenziert wird, wo denn sonst?

Also her mit der Goldwaage!

Ich weiß, dass die Goldwaage nicht für jede:n das passende Instrument ist. Manche möchten lieber frei drauflosreden, ohne später noch mal auf Worte und Wirkung zu schauen. Das ist in Ordnung.

Aber wer bereit ist, sich zuzuhören – wirklich zuzuhören – der wird an der Goldwaage nicht scheitern, sondern wachsen.

Ich halte inne, wenn Sprache sich verhärtet.
Ich frage nach, wenn sich etwas nicht stimmig anfühlt.
Ich bleibe dran, wenn andere längst abgewunken haben.


Denn Sprache schafft Wirklichkeit. Und ich habe mich entschieden, achtsam mit dieser Wirklichkeit umzugehen.

Lust auf ein Gespräch, das nicht an der Oberfläche bleibt?

Wenn du den Eindruck hast, dass du mit deinen Themen oft nicht ernst genommen wirst – oder dich selbst nicht richtig verstehst, weil alles so vage bleibt:
Vielleicht ist die Goldwaage genau das Werkzeug, das dir fehlt.
Im Klarplatz-Coaching hören wir anders hin.

Claudia Stellmacher-Köthe, Coachin und Hypnose-Spezialistin

„Einfacher wird es nicht (aber vielleicht schöner)“ ist ein Buch mit Gedanken aus dem echten Leben – pointiert, manchmal schräg, manchmal ernst. Und natürlich mit den Vierhaaren, die das alles aufs Wesentliche runterbrechen. Es geht um das, was uns beschäftigt, ohne dass wir immer drüber sprechen. Um Alltag, Zweifel und die Frage, wie man dem Leben mit ein bisschen mehr Klarheit begegnet.

Wenn dich interessiert, wie das Buch entstanden ist – ganz ohne Plan, aber mit viel Sturheit – dann kommt hier die Geschichte dahinter: Einfacher wird es nicht (aber vielleicht schöner): Wie mein Skript den Weg aus der Schublade fand – und nicht zurückdurfte

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