Systemisches Aufstellen ist ein wirksames Werkzeug im Coaching, um unbewusste Muster und festgefahrene Dynamiken sichtbar zu machen. Ob im Beruf, in der Familie oder bei persönlichen Entscheidungen – viele Blockaden haben ihren Ursprung in tieferliegenden Systemen, die wir oft gar nicht wahrnehmen.
In diesem Artikel erfährst du, was systemisches Aufstellen ist, woher es kommt, wie es abläuft – und warum ich mich ganz bewusst von den Lehren Bert Hellingers distanziere.
Was ist systemisches Aufstellen?
Systemisches Aufstellen – auch bekannt als Struktur- oder Organisationsaufstellung – ist eine Methode, mit der Beziehungsmuster, innere Anteile oder Konflikte in einem sozialen System sichtbar gemacht werden. Dabei werden Personen, Gefühle oder Konzepte stellvertretend im Raum positioniert. Die räumliche Darstellung bringt oft erstaunlich klar ans Licht, was unter der Oberfläche wirkt.
Ziel ist nicht die schnelle Lösung, sondern ein Perspektivwechsel – ein neues Verstehen. Und oft ist genau das der entscheidende Schritt, um sich innerlich zu sortieren und handlungsfähig zu werden.
Ursprünge: Virginia Satir, Iván Böszörményi-Nagy und die Weiterentwicklung
Die Wurzeln bei Virginia Satir
Die US-amerikanische Familientherapeutin Virginia Satir entwickelte in den 1960er-Jahren die sogenannte Familienskulptur – eine Methode, bei der Familienmitglieder oder Stellvertreter:innen im Raum so angeordnet wurden, dass Beziehungsdynamiken deutlich sichtbar wurden. Ihr Ansatz war von Respekt, Empathie und der Idee geprägt, dass Veränderung durch Bewusstheit und Beziehung geschieht.
Der Blick über Generationen: Iván Böszörményi-Nagy
Er prägte die Familientherapie durch seinen Fokus auf generationenübergreifende Loyalitäten und Verstrickungen. Seine Arbeit zeigte, wie ungelöste Themen aus früheren Generationen das Leben der Nachkommenschaft unbewusst beeinflussen können.
Bert Hellinger: Bekannt, aber nicht richtungsweisend
In den 1980er-Jahren wurde das Familienstellen nach Bert Hellinger populär. Er verband spirituelle Konzepte mit rigiden Ordnungsprinzipien und einem autoritären Stil. Ich arbeite bewusst nicht nach Hellinger.
Sein Umgang mit Schuld, Trauma und Geschlechterrollen, seine dogmatischen Deutungen und die Nähe zu esoterisch aufgeladenen Weltbildern widersprechen meinem Menschenbild und meiner Ethik als Coachin. Die Methode ist zum Glück längst über ihn hinausgewachsen.
Wie läuft eine Aufstellung ab?
Der Ablauf ist strukturiert und individuell zugleich:
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Themenklärung
Was ist das Anliegen? Worum geht es – auf den ersten und auf den zweiten Blick? -
Auswahl der Elemente
Wer oder was gehört zum System? Das können Personen, Rollen, innere Anteile oder abstrakte Begriffe wie „Angst“ oder „Verantwortung“ sein. -
Positionierung im Raum
Die Elemente werden (durch Menschen oder Symbole) im Raum aufgestellt – intuitiv, ohne viel Erklärung. -
Resonanz und Wahrnehmung
Stellvertreter:innen beschreiben ihre Eindrücke. Hier wird oft spürbar, wie tief das System wirkt. -
Reflexion und Veränderungsimpulse
Neue Positionierungen, kleine Sätze oder Perspektivwechsel können bereits erste Entlastung schaffen. -
Integration
Die Erkenntnisse werden in den Alltag übersetzt – oft wirken sie noch lange nach.
Was macht die Methode so hilfreich?
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Sie macht Unsichtbares sichtbar.
Rollen, Muster und Blockaden zeigen sich oft glasklar, wenn sie im Raum stehen. -
Sie löst emotionale Verstrickungen.
Verdeckte Loyalitäten, alte Verletzungen oder diffuse Spannungen werden greifbar. -
Sie schafft neue Perspektiven.
Wer aus der Metaebene auf sein Thema schaut, findet oft überraschend einfache Schritte in die Lösung.
Wo kann man systemisch aufstellen?
Die Methode lässt sich in vielen Bereichen anwenden:
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Beruflich
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Teamkonflikte
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Führungsfragen
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Entscheidungsprozesse
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Rollenklärung
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Familiär und persönlich
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Beziehungsdynamiken
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Eltern-Kind-Themen
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Selbstwert und innere Konflikte
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Trennung, Trauer, Übergänge
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Im Einzelcoaching
Auch ohne Gruppe möglich – mit Symbolen, Bodenankern oder inneren Bildern.
Seriös, verantwortungsvoll und wirksam – auch ohne Bühne
Moderne systemische Aufstellungen sind weit entfernt von der oft kritisierten Show-Dramatik großer Gruppenveranstaltungen. Sie brauchen keine „heilenden Sätze“ von außen, sondern Raum, Resonanz und ein klares, zugewandtes Gegenüber.
In meiner Arbeit nutze ich Aufstellungen zurückhaltend, aber gezielt – als Teil einer ganzheitlichen Prozessbegleitung, bei der du im Mittelpunkt stehst. Keine Deutung von oben, kein spiritueller Überbau – sondern echtes Hinschauen und alltagstaugliche Schritte.
Fazit: Eine Methode mit Geschichte – und Zukunft
Systemisches Aufstellen ist mehr als eine Methode. Es ist eine Haltung: genau hinschauen, Zusammenhänge erkennen, Spielräume eröffnen. Es hat seine Wurzeln in der humanistischen Therapie, nicht in Mystik oder Macht.
Wenn du ein Thema hast, das sich immer wieder im Kreis dreht – beruflich, familiär oder ganz persönlich – kann eine systemische Aufstellung dir dabei helfen, die Perspektive zu wechseln und erste Schritte in die Veränderung zu finden.
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Liebe Claudia, in meiner Coachingausbildung gab es auch viele Aufstellungselemente. Ich habe sie als eine sehr wirkungsvolle Methode erlebt, bei mir und auch bei meinen Coachees. Es ist wie in der Mathematik mit den Skizzen: Was ich im Kopf habe, wirkt oft komplex und verworren. Aber wenn ich es aus meinem Kopf herausgeholt und greifbar vor mir sehe, werden viele Zusammenhänge deutlich klarer. Und vielen Dank, dass du dich so klar von Hellinger abgrenzt. Ich kann mir vorstellen, dass er mit seinem Einfluss dafür gesorgt hat, dass viele beim Stichwort Aufstellung erstmal spontan skeptisch werden.
Liebe Grüße
Angela
Liebe Angela,
danke dir für deine Rückmeldung. Dein Bild mit der Skizze gefällt mir sehr – genau das erlebe ich auch: Sobald etwas sichtbar und räumlich greifbar wird, lösen sich Knoten und Strukturen zeigen sich klarer. Und ja, die Distanz zu Hellinger ist mir wichtig. Es gibt so viele fundierte, respektvolle Formen der Aufstellungsarbeit, dass es schade wäre, wenn die Methode nur auf diese eine Person reduziert würde.
Herzliche Grüße
Claudia