Manchmal kann man echt nur den Kopf schütteln, wenn man sieht, wie wir sprachlich mit älter werdenden Frauen umgehen. Da hagelt es Begriffe wie „Hexenhaare“, „Krähenfüße“, „Winkearme“ oder „Truthahnhals“. Klingt alles wie aus einem Gruselbuch, dabei handelt es sich einfach um normale körperliche Veränderungen, die zum Leben dazugehören. Nur: Kaum jemand spricht so über Männer. Schon mal von „Teufelsohren“ gehört, wenn einem Mann die Haare aus den Ohren sprießen? Oder „Geierhals“, wenn ein älterer Herr Fältchen am Hals hat? Eher nicht, oder?
Eine Kultur der Abwertung
Abwertende Ausdrücke für Frauen, die altern, sind leider fest in unserer Sprache verankert. „Alte Schachtel“, „alte Vettel“, „Drachen“, „alte Jungfer“ – all das ist aufs Alterungsphänomen der Frau gemünzt und vermittelt, dass sie damit an Wert verliert. Männer hingegen gelten dann schnell als „charismatisch“ oder „weiser Gentleman“, wenn die Haare grau werden. Diese Ungerechtigkeit nagt am Selbstbild und trägt dazu bei, dass sich Frauen ständig an irgendwelche fragwürdigen Schönheitsideale anpassen wollen.
Warum diese Begriffe so wehtun
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Unsichtbarer Druck: Ständig hört man, ältere Frauen müssten „gegen das Altern ankämpfen“: Fältchen wegspritzen, Haare weglasern.
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Verlorenes Vertrauen: Wer sich dauernd mit herabsetzenden Wörtern bewerfen lässt, beginnt schnell, am eigenen Körper zu zweifeln.
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Mehr Stress, weniger Selbstliebe: Die Beschäftigung mit vermeintlichen „Mängeln“ kann viel Energie rauben. Stell Dir vor, was Du alles tun könntest, wenn Du Deine Kraft nicht in Kampf-gegen-alles-Mögliche stecken würdest.
Die schlimmsten Klassiker
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Hexenhaare: Ein dunkles Härchen am Kinn wird sofort verteufelt – als wäre es ein Signal des Bösen.
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Krähenfüße: Die Lachfältchen am Auge klingen so, als würden Krallen in Dein Gesicht hauen. Dabei steht da nur Deine Lebensfreude geschrieben!
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Marionettenfalten: Ihr Name legt nahe, dass da jemand die Fäden zieht. Tatsächlich sagt dieser Begriff: „Alternde Haut sieht unnatürlich aus.“
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Winkearme (Bingo-Wings): Als würde Deine Haut an den Oberarmen nicht mehr „akzeptabel“ sein, sobald sie mitschwingt.
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Truthahnhals: Im Grunde eine schmerzhafte Beleidigung für Halsfalten, die uns allen irgendwann begegnen können.
Und dann gibt es noch die ruppigen Allround-Beleidigungen wie „alte Schachtel“ oder „verhärmte Alte“. Sie alle transportieren: „Ab jetzt geht’s bergab“, gerade so, als wären Frauen ab einem bestimmten Alter jenseits von Wert und Würde.
Warum es das bei Männern nicht (oder selten) gibt
Klar, auch Männer werden älter. Aber hier ist unsere Gesellschaft deutlich gnädiger – graue Schläfen stehen für Reife, kleine Fältchen für Erfahrung, ein Bäuchlein wird liebevoll „Dad Bod“ genannt. Das klingt alles gleich deutlich schmeichelhafter als „Winkearme“ oder „Hexenhaare“. Tatsächlich ist die sprachliche Abwertung des weiblichen Körpers beim Älterwerden viel verbreiteter. Das ist historisch gewachsen und immer noch tief in unserer Kultur verankert.
Was Du tun kannst: Coaching- und Hypnose-Ansätze
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Sprache bewusst machen
Schreib Dir all die Begriffe auf, die Dir selbst oder anderen Frauen gegenüber begegnen. Dann streich sie durch. Das klingt albern, hat aber eine klare Wirkung: Du wirst Dir bewusst, wie oft solche Worte fallen und dass Du sie einfach streichen kannst. -
Neue Perspektive wählen
Aus „Krähenfüßen“ kannst Du ganz einfach „Lachfalten“ machen. Du bestimmst, wie Du über Dich selbst denkst – und sprichst. -
Fokus auf Deine Stärken
Mache Dir bewusst, was Dein Körper alles kann, wie viel er geleistet hat. Besonders effektiv: Ein kleines Dankbarkeits-Ritual, jeden Morgen oder Abend, das Dich in Liebe mit Dir und Deinem (sich verändernden) Körper bringt. -
Alte Glaubenssätze löschen
Hypnose oder Coaching helfen Dir dabei, tief sitzende Überzeugungen zu knacken. Wenn Du Dich gedanklich befreist, wirst Du feststellen: Der Blick auf Deinen Körper und Dein Altern wird deutlich milder. -
Gemeinschaft suchen
Sprich mit anderen Frauen. Oft fühlt es sich leichter an, zu merken, dass Du nicht allein bist. Gemeinsam könnt Ihr alte Sprachbilder durchbrechen und ein neues, positives Narrativ schaffen.
Mein Fazit
Du bist nicht dazu da, Dich in ein enges Schönheitskorsett zu quetschen und Dich für jeden einzelnen Hautlappen zu schämen. Dass es bei Männern kaum abwertende Begriffe fürs Älterwerden gibt, ist ein starkes Indiz dafür, dass wir es hier nicht mit individuellen „Problemzonen“, sondern mit einer gesellschaftlichen Schieflage zu tun haben. Doch Du hast die Macht, diese abwertenden Begriffe und Gedankenmuster zu durchbrechen – für Dich selbst und für andere Frauen.
Also: Streiche die alten Schimpfwörter, die Dir eingeredet wurden, aus Deinem Wortschatz und akzeptiere Dich und Deine Falten, Härchen und Rundungen. Du hast sie Dir redlich verdient. Und wenn Du merkst, dass es Dir schwerfällt, Dich allein von solchen Einflüssen zu lösen, ist Coaching oder Hypnose ein wunderbarer Weg, alte Denkmuster zu hinterfragen und neu zu gestalten.
„Einfacher wird es nicht (aber vielleicht schöner)“ ist ein Buch mit Gedanken aus dem echten Leben – pointiert, manchmal schräg, manchmal ernst. Und natürlich mit den Vierhaaren, die das alles aufs Wesentliche runterbrechen. Es geht um das, was uns beschäftigt, ohne dass wir immer drüber sprechen. Um Alltag, Zweifel und die Frage, wie man dem Leben mit ein bisschen mehr Klarheit begegnet.
Wenn dich interessiert, wie das Buch entstanden ist – ganz ohne Plan, aber mit viel Sturheit – dann kommt hier die Geschichte dahinter: Einfacher wird es nicht (aber vielleicht schöner): Wie mein Skript den Weg aus der Schublade fand – und nicht zurückdurfte
Ach, liebe Claudia,
gerade schreibe ich den Zusammenfassungsartikel für meine Blogparade über Körperliebe, und da läuft mir dieser wunderbare Artikel über den Weg! Ich bin sehr begeistert, Übereinstimmung in allen Punkten. Meine Krähenfüße fälteln sich amüsiert um meine Augen, während mein Truthahnhals sich vor Lachen schüttelt.
Ja! Ja! Ja! Lasst uns diese Entwertung nicht länger hinnehmen, schon gar nicht von uns selbst!
Ommmm.
Danke für diese schöne „Komplimente“sammlung.
Herzliche Grüße
Silke
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