Warum der „weibliche Glitzerstil“ so gut klingt und so wenig trägt
Es gibt Texte, bei denen man nach wenigen Sätzen innerlich die Schultern hochzieht, obwohl sie eigentlich freundlich gemeint sind.
Sie sprechen von „Leichtigkeit und Lebensfreude“, von „Erblühen in deiner weiblichen Urkraft“ und von der „magischen Reise zu deinem wahren Selbst“. Worte, die warm klingen und gleichzeitig ein merkwürdiges Fremdgefühl hinterlassen.
Nicht, weil etwas Falsches daran wäre, Menschen Mut zu machen. Sondern, weil diese Sprache einen Widerspruch in sich trägt: Sie klingt tief und bleibt dabei gleichzeitig vollkommen unkonkret.
Dieses Phänomen lässt sich gut beschreiben als weiblicher Glitzerstil. Ein Stil, der im Coaching- und Persönlichkeitsentwicklungsbereich verbreitet ist. Und der bei vielen sofort wirkt: positiv oder ablehnend.
Was den Glitzerstil ausmacht
Der Glitzerstil arbeitet mit einem bestimmten Muster. Er verspricht viel, erzeugt Wärme – und bleibt fast immer vage.
1. Überladenes Wohlgefühl
Begriffe wie „Lebensfreude“, „Leichtigkeit“, „Glück“, „Erfolg“, „Gesundheit“ stehen dicht nebeneinander.Sie sollen jedes Bedürfnis gleichzeitig ansprechen.
2. Heilsversprechen ohne Prozess
Sätze wie „Ich begleite dich in dein Traumleben“ oder „Du wirst in deine volle Kraft erblühen“ klingen stark, erklären aber nichts.
3. Stark feminine Symbolik
Blumen, Funken, Urkraft, Schwingen, Erblühen. Emotional wirksam, aber sprachlich unscharf.
4. Infantilisiertes Empowerment
Formulierungen wie „Ich kitzle dein Potenzial wach“ entmündigen eher, als dass sie stärken.
5. Nichts Konkretes
Es fehlen:
• Methoden
• Grenzen
• klare Arbeitsschritte
• nachvollziehbare Prozesse
So bleibt Gefühl statt Struktur.
Warum das auf manche Menschen wirkt
Der Glitzerstil dockt an elementare Bedürfnisse an:
• gesehen werden
• gehalten werden
• Hoffnung spüren
• Zugehörigkeit empfinden
• sich wieder lebendiger fühlen
Er vermittelt Wärme, Nähe und Versprechen – eine Art emotionales Sicherheitsgefühl. Gerade in unsicheren Lebensphasen kann das anziehend wirken. Es geht nicht um Dummheit.
Es geht um ein Bedürfnis, das jeder Mensch kennt.
Warum andere sofort innerlich dicht machen
Viele Frauen, besonders ab 40, reagieren ganz anders:
• zu süß
• zu weich
• zu wenig greifbar
• zu viel Emotion, zu wenig Haltung
• zu starke Identifikationsangebote
• zu viel Versprechen, zu wenig Realität
Ihr System erkennt sofort: Da ist viel Wärme – aber wenig Tragfähigkeit. Sie wollen Orientierung, keine Überhöhung. Klarheit, keine Kosmetik. Ehrlichkeit, keine Schwingung.
Die unsichtbare Spannung im Glitzerstil
Der Glitzerstil erzeugt Nähe, ohne dass echte Nähe entsteht. Er vermittelt Halt, ohne Struktur zu bieten. Er verspricht Entwicklung, ohne Verantwortung anzusprechen. Er ist emotional aufgeladen, aber strukturell leer. Das ist nicht zwangsläufig problematisch, aber es ist wichtig zu erkennen, was dahintersteht.
Was ein klarer Stil anders macht
Ein professioneller Stil – einer, der trägt – arbeitet anders:
• mit klaren Fragen statt Heilsversprechen
• mit echter Prozessführung statt Projektion
• mit Haltung statt Pathos
• mit nachvollziehbaren Schritten statt Magie
• mit Grenzen statt Übergriffigkeit
• mit Realität statt Romantisierung
• mit Sprache, die stärkt, statt einzuwickeln
Er kann warm sein. Er kann humorvoll sein. Aber er bleibt klar. Und das ist der Unterschied.
Warum beide Stile ihre Zielgruppen haben
Der Glitzerstil spricht Menschen an, die emotionale Bestärkung suchen, wie Wärme, Identität, Zugehörigkeit, symbolische Weiblichkeit. Der klare Stil spricht Menschen an, die Stabilität suchen, Struktur, Reife, Orientierung, Reflexion. Beides hat seine Berechtigung. Beides existiert nebeneinander. Beides erfüllt unterschiedliche Bedürfnisse. Der Punkt ist: Die meisten spüren sehr genau, bei welchem Stil sie landen und bei welchem eben nicht.
Schlussgedanke
Es ist nichts falsch daran, wenn Glitzer nicht dein Weg ist. Und es ist genauso in Ordnung, wenn du spürst, dass Worte für dich tragen müssen, nicht nur leuchten.
Worte haben Macht. Manchmal wärmen sie. Manchmal sortieren sie. Und manchmal überdecken sie einen Mangel an Klarheit. Am Ende zählt nur eines:
Ob die Sprache dich wirklich weiterbringt oder dich nur kurz zum Funkeln bringt.
Wenn du herausfinden möchtest, welche Sprache dich wirklich trägt, klar, strukturiert und verbunden mit deiner eigenen Haltung, dann lass uns darüber sprechen. Ein kurzes, unverbindliches Kennenlernen reicht oft, um ein Gefühl dafür zu bekommen, welcher Stil dich in deiner aktuellen Lebensphase unterstützt.

„Einfacher wird es nicht (aber vielleicht schöner)“ ist ein Buch mit Gedanken aus dem echten Leben – pointiert, manchmal schräg, manchmal ernst. Und natürlich mit den Vierhaaren, die das alles aufs Wesentliche runterbrechen. Es geht um das, was uns beschäftigt, ohne dass wir immer drüber sprechen. Um Alltag, Zweifel und die Frage, wie man dem Leben mit ein bisschen mehr Klarheit begegnet.
Wenn dich interessiert, wie das Buch entstanden ist – ganz ohne Plan, aber mit viel Sturheit – dann kommt hier die Geschichte dahinter: Einfacher wird es nicht (aber vielleicht schöner): Wie mein Skript den Weg aus der Schublade fand – und nicht zurückdurfte




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